Pink Floyd

Roger Waters (b, voc) (* 9.9.1944, Great Bookham)
David Gilmour (g, voc) (* 6.3.1944, Cambridge)
Nick Mason (dr) (* 27.1.1945, Birmingham)
Richard Wright (key, voc) (* 28.7.1945, London)

"Keine andere Gruppe erreichte eine größere Publizität" (New Musical Express), nur wenige verkauften mehr Platten und nur ein paar vermochten sich aus den 60er Jahren in die 90er hinüberzuretten. Neben den Rolling Stones und den Kinks sind Pink Floyd die letzten Überlebenden einer großartigen Rock-Ära. Auf der Basis von bizarren, bis dahin unbekannten Ideen und Effekten produzierten sie "Science Fiction mit elektronischer Musik" (Welt). Von Wagner und Stockhausen, Chuck Berry, den Yardbirds, Ray Charles und Quicksilver Messenger Service beeinflußt, war ihre Musik eine "eigenartige Mischung aus dräuender Prophetie und spielerischer Launenhaftigkeit" (Sounds).

Zunächst Pionier des britischen Psychedelic-Rock entwickelte sich Pink Floyd zu einem gigantischen Rock-Unternehmen. Am Ende erstarrte "die Gruppe, die den Himmel in die Musik holte" (Sounds) in Gigantomanie - verstand es aber immer wieder, durch spektakuläre Medieninszenierungen ihre ab 1979 nur noch sporadisch erscheinenden Alben millionenfach zu verkaufen. Pink Floyds Verdienste um die elektronische Rockvariante bleiben unbestritten. Alben wie "The Piper At The Gates Of Dawn", "A Saucerful Of Secrets" und "Dark Side Of The Moon" sind Meilensteine der Popmusik. Auch der Perfektionismus ihrer Studioprodukte und Livedarbietungen bleibt unerreicht.

Mit Syd Barrett an der Spitze wurden Pink Floyd 1965/66 zum Aushängeschild der Londoner Undergroundszene. Nach dem Erfolg zweier sehr eigenwilliger Singles wurden sie als "beste britische Psychedelic-Gruppe" (Melody Maker) bezeichnet. Mit dem Soundtrack "More" stiegen sie zudem erfolgreich ins Filmgeschäft ein. Nach dem Ausstieg von Barrett verloren sie ihr damals wichtigstes kreatives Mitglied.

Die Monsterproduktion "Atom Heart Mother" ebnete Pink Floyd 1970 den Weg in Superstarsphären. 1973 brach ihr Meisterwerk "Dark Side Of The Moon" sämtliche Verkaufsrekorde. Davon profitierten die in großen Abständen veröffentlichten Nachfolgeplatten, die jedoch keine neuen Akzente setzten. Dafür machten Lichtkanonen, computer-gesteuerte Verstärker- und Lautsprecheranlagen, neue Soundsysteme, vollendete Diaprojektionen und riesige Requisiten die seltenen Tourneen zu außerordentlichen Happenings.

1979 schließlich stellte das Konzept-Doppelalbum "The Wall" alle vergangenen Großereignisse der Popgeschichte in den Schatten. Die sündhaft teure Produktion wurde weltweit millionenfach verkauft. Die gleichnamige Filmversion spielte, obwohl sehr umstritten, ebenfalls Millionen ein.

Der enorme Erfolg "der galaktisch schimmernden Klang-Teppiche" (Zeit) erklärte sich nicht zuletzt aus dem ökonomischen Verhalten der Band. Wie patente Handwerker und erfinderische Bastler konstruierten Pink Floyd komplexe Gesamtwerke als "Musik mit hohem Anspruch" (Stereo). Oft genügte ein einziges Thema, ein origineller Effekt oder eine neue Soundfarbe. Außerhalb der Studios sahen sich die Musiker kaum. Tourneen absolvierten sie nur in großen Intervallen und Einzelkonzerte blieben ebenfalls eine Seltenheit.

Die Gruppe "brauchte keine Stars, also auch keinen Starkult mit den üblichen Beigaben" (Stern); der Presse gegenüber waren die Bandmitglieder eher zurückhaltend. Auf der Bühne verschaffte ihnen der hypermoderne Aufwand die gewünschte Distanz zum Publikum. Pink Floyd waren keine Band zum Anfassen; denn ihre "elektronischen Wunderwerke" (Frankfurter Rundschau) entstammten einer eher elitären, intellektuellen Ebene. Ein Niveau, auf dem es galt, "kreative Musik, akustische Effekte und optische Spektakel" (Musik Express) zu erforschen, die man als Konsument allenfalls respektvoll bestaunen durfte.

Die Architekturstudenten Roger Waters, Nick Mason und Richard Wright trafen sich 1965 auf dem Regent Street Polytechnic College in London und nannten sich zunächst Sigma 6. Die erfolglose Band benannte sich mit der späteren Wright-Ehefrau Juliette Gale (voc) und dem Jazz-Gitarristen Bob Close in T-Set um, aus denen die Screaming Abdabs und schließlich die R&B-Gruppe Abdabs entstanden.

Waters forderte seinen Freund Syd Barrett auf, sich an einer neuen blues-beeinflußten Formation zu beteiligen. Barrett taufte sie nach den Georgia-Bluessängern Pink Anderson und Floyd Council Pink Floyd. Zwischen Barrett und Close kam es zu Spannungen; Close ging daraufhin eigene Wege und überließ Barrett die alleinige künstlerische Leitung. Im Februar 1966 standen Pink Floyd unter dem Motto "Spontaneous Underground" im Londoner Marquee Club zum ersten Mal auf der Bühne. Inspiriert von amerikanischer Westcoastmusik, den Trip-Visionen des amerikanischen Drogenpapstes Timothy Leary und sphärischen Phantasien, zerhackten sie Chuck Berry-Songs mit elektronischem Feedback-Techniken und begeisterten damit den Londoner Underground. Peter Jenner übernahm daraufhin das Management und das Marquee erklärte Pink Floyd zur Hausband.

Im Oktober 1966 beteiligte sich das Quartett in einer Londoner Schule an einem Sound & Light-Workshop, der von den Nordamerikanern Joel und Tony Brown vom Timothy Leary-Millbrook Institute geleitet wurde. Hier wuchs die Idee, elektronische Rockmusik in psychedelischen Tonfragmenten mit Licht- und Diaprojektionen zu vereinen. 2000 Fans erlebten am 15.Oktober die Uraufführung einer noch bescheidenen Multimedia-Show, mit deren fortschreitender Perfektionierung Pink Floyd weltberühmt wurden. International Times, Europas erste Underground-Zeitung, und der Szenen-Guru, John 'Hoppy' Hopkins, förderten die Psychedelic-Pioniere, die durch ihre Erfolge im legendären UFO Club Gruppen wie Soft Machine, Tomorrow oder der Crazy World Of Arthur Brown ermutigten. Pink Floyd sind fraglos die Urväter des Elektronik-Rock, einer Musik, mit der auch deutsche Bands wie Tangerine Dream oder Kraftwerk international erfolgreich waren.

Im Februar 1967 nahmen Pink Floyd ihre erste Single "Arnold Layne" (GB #24) auf. Sie entwickelte sich zum respektablen Hit, obwohl sie aufgrund ihrer Fremdartigkeit kaum von den Radiostationen gespielt wurde. Radio London setzte sie sogar auf den Index, weil ein Redakteur die skurrile Geschichte über einen Mann, der weibliche Unterwäsche stiehlt, als sittenwidrig empfand. Im Juli des Jahres folgte der atmosphärisch eindrucksvolle Song "See Emily Play" (GB #8, D #25) - für lange Zeit der letzte Singlehit für Pink Floyd. Die Band spezialisierte sich auf die visuelle und akustische Umsetzung ihres visionären Spacerock und nutzte dafür immer neue Technologien, so z.B. den sog. Azimuth-Coordinator, der einen Rundumsound garantierte.

Pink Floyd erwiesen sich als "die zeitgenössische Band schlechthin, die Elemente aus Neuer Musik und Rock zu einem eigenständigen Stil verarbeitete" (Sounds). Barrett & Co. eröffneten der Rockmusik bis dahin ungeahnte Möglichkeiten. So verblüfften sie im Spätsommer 1967 Kritiker und Fans gleichermaßen mit der LP "The Piper At The Gates Of Dawn" (GB #3). Sie setzten mit einer neuartigen Soundarchitektur exotische Akzente, experimentierten mit Geräuschbändern, unkonventionellen Effektgeräten und schwelgten in futuristischen Technophantasien. Highlight der Platte ist der Titel: "Interstellar Overdrive". Man stelle sich ein Raumschiff vor, das mit Getöse vom Raumhafen abhebt, dann in den schwerelosen Flug übergeht, um schließlich am Ziel in den Orbit des fremden Planeten einzuschwenken. Mastermind der bizarren Klangmuster war Syd Barrett, dessen übertriebener LSD-Konsum und die damit verbundene Unzuverlässigkeit für Unruhe bei Pink Floyd sorgte. Daraufhin übernahm Roger Waters (b, voc) das Kommando und ersetzte Barrett durch seinen Schulfreund David Gilmour von den Jokers Wild.

Im Juni 1968 kam nach den erfolglosen Singles "Apples And Oranges" und "It Would Be So Nice" das Album "A Saucerful Of Secrets" (GB #10) auf den Markt. Pink Floyd präsentierten das neue Material im Rahmen des ersten "Free Concerts" im Londoner Hyde Park; mit im Programm waren Jethro Tull und Roy Harper. Weitläufige, berauschende Klangreisen in hypnotischer Banalität schickten die Zuhörer gehörig auf den Trip und inmitten einer ausgeklügelten Lichtdramaturgie nutzten sie als erste Rockband eine quadrophonische Anlage.

Der Soundtrack zu "More" (GB #10), einem Film der französischen Regisseurin Barbet Schroeder (Juli 1969), beinhaltete einige exzellente Kompositionen wie "Main Theme", "The Nile Song" und "Cymbaline".

"Das wichtigste Album der britischen Popmusik im Jahre 1969" (Sounds) erschien im November als Doppel-LP: "Ummagumma" (GB #6, US #83, D #25). Auf einer Live und einer Studio-LP bildeten Geräuschfetzen, Vogelgezwitscher, Insektensummen, Meeresbrandung, sanfte und harte Gitarren-Exkursionen, exzessive Keyboardeinlagen und bedeutsame Textfragmente "eine fruchtbare Verbindung zwischen gesitteten Experimenten und schmerzhafter Lyrik" (Rolling Stone).
Der erste Livetitel stammte noch aus der Feder von Syd Barrett "Astronomy Domine" aus der ersten LP "The Piper At The Gates Of Dawn".
Der zweite Titel "Careful With That Axe Eugene" eine Gemeinschaftskomposition von Water, Wright, Mason, Gilmour, besticht durch das zentrale Element eines Schreies, der auf der Studioversion nur im Hintergrund zu hören ist. Dieser Titel ist fast wie ein Orgasmus, fängt langsam an, steigert sich dann bis zu seinem Höhepunkt und ebbt dann langsam wieder ab.
Der dritte und der vierte Titel stammen von der zweiten LP "A Saucerful Of Secrets" und sind allemal besser als auf der Studio-LP.
Der Erfolg der Doppel-LP überraschte, wurde sie doch von Kritikern als "schwer verdaulicher Stoff" (Melody Maker) bezeichnet. Pink Floyd beendeten die Phase dieser "anspruchsvollen Musik ohne Versprechungen, ohne Kompromisse" (Sounds) und produzierten künftig triumphale Elektronikrock-Epen, mit massiven Orchestereinlagen, choralartigen Gesängen in ausgeprägt melancholischer Grundstimmung.

Der Erfolg von "Atom Heart Mother" (GB #4, US #42, D #8) gab ihnen im Oktober 1970 recht. Pink Floyd begannen damit eine Serie von "Bombast-Reliquien" (Frankfurter Rundschau), allerdings in wechselnder Qualität. Während man in Europa bereits einer neuen Supergruppe huldigte, tat man sich in Nordamerika noch schwer mit den "bedeutungsschweren elektronischen Wunderwerken" (Stereo). Das änderte sich erst 1973.

Inzwischen etablierten sich Pink Floyd in Europa als monströses Multimedia-Theater, das sich allen technischen Herausforderungen stellte. Die vier Musiker illustrierten ihre Tonkaskaden und das Synthiegewaber auf riesigen Leinwänden mit spektakulären Lichtspielen und neuesten pyrotechnischen Erkenntnissen. Damit offerierte ihr typischer Sound interessante optische Perspektiven und eignete sich "in idealer Weise zur akustischen Untermalung" (Stereo) von aufsehenerregenden Sportereignissen, wie der Surf-Dokumentation "Crystal Voyager" von dem amerikanischen Regisseur George Greenough (1974).

Fortsetzung

Atom Heart Mother
Atom Heart Mother

Darkside Of The Moon
Darkside Of The Moon

Meddle
Meddle

Wish You Were Here
Wish You Were Here

Animals
Animals

The Wall
The Wall

Is There Anybody Out There?
The Wall live 1980/81

The Wall Live 1980/81

The Wall  Live

Roger Waters:
The Wall (Live In Berlin)

The Wall Live In Berlin

The Final Cut
The Final Cut

A Momentary Lapse Of Reason
A Momentary Lapse Of Reason

Delicate Sound Of Thunder
Delicate Sound Of Thunder

The Division Bell
The Division Bell

Echoes
Echoes